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Stellungnahme des Landesnaturschutzverbandes zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Freiflächen
Die VwV soll dazu dienen, Ausnahmegenehmigungen für Pestizideinsätze möglichst einheitlich in Baden-Württemberg zu erteilen. Dies begrüßt der LNV ausdrücklich.
Nicht einverstanden sind wir hingegen mit der Tatsache, dass die VwV in ihrem jetzigen Entwurfsstand den Pestizideinsatz auf jeglicher Freifläche zulässt, also nicht nur auf solchen, die für erwerbsmäßige Pflanzenproduktion vorgesehen sind. Dies lehnen wir ab. Der Einsatz von Pestiziden muss auf die Erwerbsflächen im land-, forstwirtschaftlichen und gärtnerischen Bereich beschränkt bleiben. Auf Flächen, die nicht Grundlage einer Erwerbstätigkeit sind, sollten aus Natur- und Wasserschutzsicht keine Pestzideinsätze stattfinden und im Normalfall auch keine Ausnahmegenehmigun-gen für solche erteilt werden.
Wir verweisen auf die Bestandserhebung Baden-Württembergs für die Wasserrahmenrichtlinie der EU, die diffuse Schadstoffeinträge, insbesondere auch Pestizideinträge in Oberflächen- und z.T. auch Grundwasser ergeben hat. Mit einer Lockerung des Umgangs mit Pestiziden, wie es die Entbürokratisierungsinitiative des ehemaligen Ministerpräsidenten Teufel vorsieht, droht eine Verschlechterung des Zustands unserer Gewässer.
Auch eine Verschlechterung der Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen in Feld und Flur wird die Folge sein. Darunter können sich auch Arten nach der FFH- und
Vogelschutz-Richtlinie der EU befinden, die einem Verschlechterungsverbot unterliegen.
Ferner geht von Pestizideinsätzen in Privatgärten und öffentlichen Parks stets auch eine gesundheitliche Gefahr für insbesondere spielende Kinder aus.
Zum Titel
Der Titel bringt bislang zum Ausdruck, dass es sich bei den landwirtschaftlich, forst-wirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Flächen um jegliche Flächen handelt. Der LNV sieht die Einschränkung auf Erwerbsflächen als unbedingt notwendig an. (Siehe demgegenüber der Titel der alten VwV: "... erwerbsgärtnerisch genutzter Flächen")
Wir bitten, den Titel entsprechend zu ändern.
2.1 Begriffsbestimmungen
Auch hier werden explizit alle Formen der Landbewirtschaftung in die Definition einbezogen mit der Folge, dass jeder private Haus- oder Kleingarten, jedes Flachdach, jeder Sportplatz und jede städtische Parkanlage mit Pestiziden behandelt werden darf.
Dies verstößt grundsätzlich gegen höherrangige Schutzinteressen des Naturschutzes, des Wasserschutzes und des Bevölkerungsschutzes (siehe auch 1. und 2. Ab-satz in 3.1.3), letztes indem nicht nur die Gesundheit von Kindern in Parkanlagen und Hausgärten gefährdet wird.
Wir bitten, unter dieser Definition strikt nur Erwerbsflächen zu fassen und alle anderen Flächen, die keiner Gewinnung von Pflanzen zu Erwerbszwecken dienen, von den Möglichkeiten eines Pestizideinsatzes auszunehmen.
3.1.1 Strenger Maßstab und 3.1.2 Zumutbarer Aufwand
Beide Genehmigungsgrundsätze werden von uns befürwortet. Vor dem Hintergrund allerdings, dass mit der vorliegenden VwV praktisch die gesamte Land- und Waldfläche des Landes (ca. 47 % Landwirtschaftsfläche, ca. 38 % Waldfläche) mit Pestiziden behandelt werden darf, spielen "strenge Maßstäbe" und "zumutbarer höherer Aufwand" für die Pestizidzulassung auf den verbleibenden Wegen und Wegraine, Böschungen und Hofflächen nur noch eine marginale Rolle.
Zumindest werden die Roten Listen mit Hilfe dieses VwV-Entwurfes noch länger und die Probleme der Pestizidbelastung in Oberflächen- und Grundwasser ebenfalls steigen. Ist das wirklich Ziel der Landesregierung?
Wir bitten nochmals, Pestizideinsatz nur auf Erwerbsflächen zuzulassen.
3.1.2 zumutbarer Aufwand
Wir vermissen die möglichen thermischen Verfahren in der Aufzählung, die sich u.a. im Bahnbetrieb zur Freihaltung des Gleiskörpers von Pflanzen bewährt haben.
Ferner bitten wir, auf die Möglichkeit der Einzelpflanzenbehandlung hinzuweisen, die beispielsweise gegen den Riesenbärenklau eingesetzt werden kann.
Wir bitten um entsprechende Ergänzung.
3.1.3 Überwiegen öffentlicher Interessen
Im dritten Absatz sind nur einige Naturschutz-Kategorien aufgeführt, es fehlen aber die FFH-Lebensraumtypen. Zudem fehlen sämtliche Waldschutz-Kategorien wie Schonwald, Bannwald, Bodenschutzwald, Biotopschutzwald sowie alle Wasserschutz-Kategorien wie Wasserschutzgebiete und Gewässerrandstreifen.
Wir bitten, die Kategorien zu ergänzen.
3.2.1 genehmigungsfähige Anlage im Bereich des Verkehrs
Wir verweisen nochmals darauf, dass etwa Gleiskörper thermisch von unerwünschtem Pflanzenwuchs frei gehalten werden können, ohne dass hier Pestizide eingesetzt werden müssen. Nach den zahlreichen Diuron-Nachweisen im Grundwasser unter Bahnkörpern sollte von einer Landesverwaltung eine eindeutlich restriktivere Freigabe von Pestizideinsätzen erwartet werden, als der vorliegende Entwurf einer VwV dies tatsächlich tut.
Der vierte Spiegelstrich, der den Pestizideinsatz auf versiegelten, für Wasser undurchlässigen Decken regeln soll, ist in der Realität nicht durchführbar, weil jeder Gewitterregen eine Abschwemmung in Gewässer oder die Kanalisation verursachen würde. Wir bitten, diesen Punkt ersatzlos aus der Aufzählung möglicher genehmigungsfähiger Fälle zu streichen.
3.3 In der Regel nicht genehmigungsfähig sind Anwendungen ...
Hier fehlen die gesetzlich vorgeschriebenen Gewässerrandstreifen von außerorts mindestens 10 m und innerorts mindestens 5 m Breite, in denen ein Pestizideinsatz, zumal aus nicht-erwerbstätigen Gründen, grundsätzlich ausgeschlossen werden sollte. Wir verweisen nochmals auf die Wasserrahmenrichtlinie und ihre Ziele.
Es fehlt auch die Nennung von Gärten, Parks und Spielplätzen, die pestizidfrei zu halten sind, vor allem weil hier viele Kinder spielen.
Wir bitten um entsprechende Ergänzung.
5. Sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften für die Anwendung von Pflanzen-schutzmitteln.
Der LNV regt an, hier auf eine mögliche Pflicht zum Nachweis der Sachkunde im Umgang mit Pestiziden aufführen.
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