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INFO 5/2000
Stuttgart, den 13.04.2000
Verfahren und die Verfahrensbeteiligung der nach § 29 NatSchG anerkannten Naturschutzverbände
Teil 2:
Bauleitplanung-Plangenehmigungsverfahren
Bauvorhaben und einige andere Maßnahmen bedürfen in Deutschland eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dient. Je nach Vorhaben stehen hierfür unterschiedliche Verfahren zur Verfügung: Planfeststellungsverfahren, Plangenehmigungsverfahren, Bauleitplanverfahren. Vorgeschaltet sein kann ein Raumordnungsverfahren, in bestimmten Fällen ist als unselbständiger Teil eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben.
Der LNV stellt dem vorliegenden LNV-Info das Wichtigste über Bauleitplanverfahren sowie Plangenehmigungsverfahren und die - leider weitgehend nicht vorhandene - Beteiligung der Naturschutzverbände darin vor.
1. Bauleitplanung
Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (FNP) und der Bebauungsplan (BP).
Gesetzlich festgelegte Beteiligungsrechte der anerkannten Naturschutzverbände gibt es in der Bauleitplanung nicht.
Trotz dieser Einschränkungen gibt es Möglichkeiten, Anliegen und Forderungen des Naturschutzes in die Verfahren einzubringen.
Das ist für den Naturschutz enorm wichtig, da gerade durch Gewerbe- und Wohnbebauung der ungebremste Flächenverbrauch weitergeht und weil inzwischen auch bei vielen Straßenbauvorhaben das Planfeststellungsverfahren durch ein Bebauungsplanverfahren ersetzt wird.
In der Bauleitplanung ist die Beteiligung der Bürger/innen und die der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben (BauGB §§ 3 und 4). Die anerkannten Naturschutzverbände gelten nicht als Träger öffentlicher Belange.
Äußerung im Rahmen der Bürgerbeteiligung
Wie jede/r Bürger/in können sich die Mitglieder der Naturschutzverbände einer Gemeinde im Rahmen der Bürgerbeteiligung äußern. Dies hat sicherlich nicht das Gewicht der Beteiligung eines anerkannten Verbandes, trotzdem empfehlen wir, diese Möglichkeit der Einmischung zu nutzen.
Beteiligung wie Träger öffentlicher Belange
Weiterhin empfiehlt das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg schon seit 1993 den Gemeinden, die anerkannten Naturschutzverbände in der Bauleitplanung wie Träger öffentlicher Belange zu beteiligen, wenn Fragen des Natur- und Umweltschutzes von erheblicher Bedeutung berührt sind. Viele Gemeinden verfahren bereits in dieser Weise, andere folgen der Empfehlung nicht. Hier müssen die Verbandsvertreter/innen vor Ort nachhaken. Eine Möglichkeit die Beteiligung einzufordern existiert allerdings nicht.
Wo die Gemeinden bzw. Landkreise nicht bereit sind, die Verbände freiwillig zu beteiligen, ist von Seiten der örtlichen Naturschützer große Aufmerksamkeit erforderlich, um überhaupt zu erfahren, dass Vorhaben in Planung sind. Diese Aufmerksamkeit kann aber lohnend sein, da die Anwendung von unmittelbar gültigen EU-Richtlinien wie FFH- oder UVP-Änderungsrichtlinie (s. u.) oft noch mangelhaft ist und die Naturschützer deren Beachtung einfordern können.
Einforderung der Beachtung der FFH-Richtlinie
Bei der FFH-Richtline besteht großer Handlungsbedarf, da es in den örtlichen Verwaltungen noch nicht selbstverständlich ist zu prüfen, ob ein (potentielles) FFH-Gebiet oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet durch ein Vorhaben oder einen Plan betroffen ist.
Wenn durch ein Projekt oder einen Plan - einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen - erhebliche Beeinträchtigungen eines FFH- oder Vogelschutzgebietes zu erwarten sind, muss eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Ergibt sich aus dieser, dass durch das Vorhaben oder den Plan das Erhaltungsziel oder der Schutzzweck des betroffenen Gebietes erheblich beeinträchtigt würde, ist das Projekt oder der Plan unzulässig. Wenn für den Plan oder das Projekt zwingende Gründe des überwiegend öffentlichen Interesses geltend gemacht werden können, muss ein Ausnahmeverfahren durchgeführt werden.
Grundsätzlich besteht nach Meinung des Ministerium Ländlicher Raum (MLR) für behördenverbindliche Pläne wie Flächennutzungspläne eine Anpassungspflicht an die FFH-Richtlinie. Dies gilt auch für Pläne, die vor Mitte 1994 rechtsgültig wurden (vgl. LNV-Info 4/99). Dasselbe gilt für Bebauungspläne, die nach diesem Datum aufgestellt wurden, sofern noch keine Rechte Dritter entstanden sind.
Einforderung der UVP-Änderungsrichtlinie (unmittelbare Anwendung seit dem 15.03.99)
Die Auswirkungen der unmittelbaren Gültigkeit dieser Richtlinie haben wir ausführlich im Info 5/99 dargestellt. Hier ein Überblick über die wichtigsten Änderungen:
1. Es gibt zusätzliche Anforderungen an die Durchführung einer UVP:
- Der Prüfrahmen ist hinsichtlich der Wechselwirkungen erweitert; bei der Prüfung der Wechselwirkungen sind die Punkte Sachgüter und kulturelles Erbe in Betracht zu ziehen.
- Der Prüfrahmen ist durch Einbeziehung der wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen erweitert.
- Die Einzelfallentscheidung über die Erforderlichkeit einer UVP bei Vorhaben des Anhang II muss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
2. Es gibt eine neue Liste von Vorhaben, bei denen grundsätzliche eine UVP durchzuführen ist.
3. Es gibt eine erweiterte Liste von Vorhaben, bei denen nach Einzelfallprüfung oder aufgrund von Schwellenwerten der Mitgliedstaaten eine UVP durchzuführen ist. Für die Naturschutzverbände äußerst wichtig ist die Rolle des Standortes für die Notwendigkeit einer UVP:
- Eine UVP ist insbesondere dann durchzuführen, wenn der Standort des Vorhabens ein ge-schütztes Gebiet (NSG, LSG; ND, Naturpark usw.) beeinträchtigen kann.
Landschaftspläne und Grünordnungspläne
"Die Träger der Bauleitplanung haben einen Landschaftsplan und einen Grünordnungsplan auszuarbeiten, sobald und soweit es zur Aufstellung, Ergänzung, Änderung oder Aufhebung von Bauleitplänen erforderlich ist, um Maßnahmen zur Verwirklichung von Zielsetzungen nach § 7 Abs. 2 ["Die Landschaftspläne und Grünordnungspläne enthalten Maßnahmen zur Verwirklichung der in dem Landschaftsrahmenprogramm und in den Landschaftsrahmenplänen aufgeführten Zielsetzungen"] näher darzustellen. [...] Die Landschafts- und Grünordnungspläne sollen, soweit erforderlich und geeignet, in die Bauleitpläne aufgenommen werden." (NatSchG, § 9).
Auch bei der Erstellung von Landschaftsplänen (zum FNPs) und Grünordnungsplänen (zu B-Plänen) gibt es keine Beteiligungsrechte der Naturschutzverbände.
Zwar schreibt § 29 BNatSchG vor, dass den anerkannten Verbände Gelegenheit zur Äußerung bei der Vorbereitung von Landschaftsrahmenplänen (zu Regionalplänen) und Landschaftsplänen zu geben ist. Der entscheidende Nebensatz lautet aber: "soweit sie dem einzelnen gegenüber verbindlich sind" - und genau das sind die Landschafts- und Grünordnungspläne nach baden-württembergischem Landesgesetz nicht. Landschaftspläne sind insgesamt- wie Flächennutzungspläne selbst - dem einzelnen gegenüber nicht verbindlich, d.h. der einzelne kann aus ihnen keine Rechte ableiten.
Bebauungspläne sind im Gegensatz dazu dem einzelnen gegenüber verbindlich. Somit erlangen auch die Teile eines Grünordnungsplanes, die in den Bebauungsplan aufgenommen werden, Verbindlichkeit. Auf diese kann man sich auch berufen, wenn es z. B. um die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen geht.
Eingriffs-Ausgleichsregelung
Die gesetzlichen Grundlagen für die Eingriffs-Ausgleichsregelungen finden sich in § 1a des BauGB sowie im § 8 und 8a (Verhältnis zum Baurecht) des BNatSchG. Dabei ist § 8a unmittelbar gültig, § 8 zählt zu den Rahmenvorschriften, für die die Länder innerhalb von 2 Jahren nach Inkrafttreten des BNatSchG (21.09.1998) entsprechende Regelungen in den Landesnaturschutzgesetzen erlassen sollen.
Die Vorschriften der Naturschutzgesetze bestimmen, welche Vorhaben Eingriffe (§ 8 BNatSchG und § 10 NatSchG, siehe Anlage) darstellen und wie Vermeidung und Ausgleich definiert werden (§ 11 NatSchG). Die naturschutzrechtlich vorgegebene Stufenfolge Vermeidung - Ausgleich - Ersatz ist auch im Bauleitplanverfahren zu beachten. Bei der Festsetzung von Ausgleichsmaßnahmen gilt, dass gemäß § 200a BauGB Ausgleich und Ersatz gleich zu behandeln sind. Die frühere Unterscheidung zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen findet dort also nicht mehr statt.
In einer Stellungnahme des MLR von 1998 heißt es, dass die Fragen, wie Eingriff und Ausgleich zu bewerten und zu bilanzieren sind, nach wie vor naturschutzfachlich zu lösen sind. Weitergehende Hinweise zur Umsetzung gibt es von Seiten der Landesregierung allerdings nicht.
Die Vorschrift des BNatSchG, dass nach § 8 (2) "... unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer zu bestimmenden Frist durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (sind)" wird nach unserer Erfahrung bei der Festlegung von Ausgleichsmaßnahmen häufig nicht beachtet. Dies kann zu einer Verschleppung der festgesetzten Maßnahmen führen. Naturschützer, die an B-Planverfahren beteiligt sind oder von solchen erfahren sollten hier sehr aufmerksam sein und die zuständigen Behörden gegebenenfalls auf diese Vorschrift hinweisen.
Planung von Landesstraßen per Bebauungsplan
Nach § 37 (3) Straßengesetz für Baden-Württemberg kann auch bei der Planung von Landesstraßen die Planfeststellung durch einen Bebauungsplan ersetzt werden. Damit gibt es keine Beteiligungspflicht der Naturschutzverbände mehr. Allerdings ist nach der Anlage zum Landesgesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (LUVPG) auch diesem Fall eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.
2. Plangenehmigungsverfahren
Bei einer Reihe von Vorhaben kann das Planfeststellungsverfahren durch ein Plangenehmigungsverfahren ersetzt werden (ausführliche Liste im Info 4/2000, Verfahrensbeteiligung Teil 1). Im Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) ist das Plangenehmigungsverfahren nicht näher definiert. Auch eine Beteiligung der nach § 29 NatSchG anerkannten Naturschutzverbände ist nicht vorgeschrieben.
Durch ein Plangenehmigungsverfahren, das ein Planfeststellungsverfahren ersetzt, kann die Beteiligung der Naturschutzverbände umgangen werden.
gez. Ingrid Frühauf
© Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V.,
Olgastraße 19, 70182 Stuttgart
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