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LNV-Info-Archiv
INFO 7/2000
Stuttgart, den 08.September 2000
Notwendigkeit der Einführung der Verbandsklage
"Der Umweltrat fordert die bundesrechtliche Einführung
der Verbandsklage in all den Bereichen, in denen den Umweltverbänden
eine Verbändebeteiligung eingeräumt ist (...). Im
Naturschutzrecht haben mittlerweile 12 von 16 Ländern
die Verbandsklage eingeführt, ... . Bei der Einführung
des Verbandsklagerechtes geht es um die rechtliche Absicherung
von bisher nicht einklagbaren Allgemeininteressen. ... Der
Staat kann und sollte die Durchsetzung von Umweltinteressen
entsprechend den gesetzlichen Zielvorstellungen dadurch stärken,
daß er Umweltverbänden die Möglichkeit einräumt,
Verwaltungsentscheidungen auf ihre umweltrechtliche Legalität
hin überprüfen zu lassen. Die Verbandklage stellt
keine Privilegierung von Umweltinteressen dar. Vielmehr gleicht
sie lediglich Wettbewerbsverzerrungen und Ungleichgewichte
im gegenwärtigen System des verwaltungsgerichtlichen
Rechtsschutzes aus, die Umweltnutzungs- auf Kosten von Umweltschutzinteressen
begünstigen (...). Deshalb besteht keine Veranlassung,
Wirtschaftsverbänden entsprechende Klagerechte einzuräumen.
... Die wichtigste Wirkung des Verbandsklagerechtes besteht
nicht in der faktischen Verhinderung umweltschädigender
Planungsvorhaben, sondern darin, daß durch die potentielle
Einklagbarkeit von Umweltschutzinteressen Verwaltungen veranlaßt
werden, Umweltbelange bei ihrer Entscheidungen von vornherein
angemessen zu berücksichtigen.
Quelle: Rat von Sachverständigen für Umweltfragen
(1996): Umweltgutachten 1996. Zur Umsetzung einer dauerhaft
umweltgerechten Entwicklung. Metzler-Poeschel, Stuttgart.
Baden-Württemberg gehört zu den Schlußlichtern
Die Verbandsklage ist in unterschiedlicher Ausprägung
von 12 der 16 Bundesländern eingeführt worden. Lediglich
Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und
Nordrhein-Westfalen verfügen nicht über dieses Instrument.
NRW stand bisher auf dem Standpunkt, daß einer bundeseinheitlichen
Einführung der Verbandsklage der Vorzug zu geben sei.
Wird die Verbandsklage durch das BNatSchG in nächster
Zeit nicht eingeführt, wird es auch dort zu einer Gesetzesinitiative
in dieser Richtung kommen.
Quelle: Naturschutzgesetze, 7. Auflage, Beck-Texte 5528
Erfahrungen der Behörden mit der Verbandsklage
Die Behörden berichten in der Regel von guten Erfahrungen
mit der Verbandsklage. Insbesondere wird ihr ein Präventiveffekt
zugebilligt. Der Verwaltungsaufwand hält sich in Grenzen.
Auch die Gerichte klagen nicht über Überlastung
und loben die sachgerechte Prozeßführung durch
die Verbände. Offensichtlich führt die Möglichkeit
der Verbandsklage auch zu einer Bündelung von Verfahren
betroffener Einzelkläger.
Quelle: Untersuchung der Verbandsklage im internationalen
Vergleich, Institut für Umweltrecht, Walsroder Strasse
12-14
Koalitionsvereinbarung und GMO-Gutachten
Die Koalitionsvereinbarung CDU/FDP geht in der 12. Wahlperiode
davon aus, daß die Sonderregelung nach § 61 des
Naturschutzgesetzes (Devolutivrecht) entbehrlich ist. Entsprechend
wurde im Ministerrat im Juni 1997 das Einbringen eines Artikelgesetzes
ins parlamentarische Verfahren beschlossen, nach dem u. a.
der § 61 NatSchG wegfallen soll.
In der politischen Diskussion wird als Begründung auch
das vom Staatsministerium 1995 in Auftrag gegebene Gutachten
der GMO Management Constulting GmbH, Düsseldorf vom 28.
April 1995 zitiert. Dieses Gutachten schlägt zwar zur
Neuorganisation der Naturschutzverwaltung u.a. ein "integratives
Modell E3" (S. 124/125 und S: 129-131) die Eingliederung
der Naturschutzbeauftragten in die Stadt- und Landkreise vor.
Es nennt als Nachteil hiervon allerdings (S. 125):
- (3) Die "Glaubwürdigkeit" eines "unabhängigen" Naturschutzes wird in Frage gestellt und damit die Akzeptanz bei Naturschutzverbänden, Behörden und Gerichten.
- (4) Der Devolutiveffekt auf der 3. Ebene fällt weg.
Das GMO-Gutachten schlägt daher vor, für den wegfallenden Devolutiveffekt durch die Einführung der Verbandsklage einen entsprechenden Ersatz zu schaffen (S. 132, 134).
Quellen:
Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP für die 12. Legislaturperiode des Landtags von Baden-Württemberg.
GMO Management Consulting GmbH (1995): Gutachten für das Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg. Aufgabenkritische Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchung der Naturschutzverwaltung des Landes Baden-Württemberg. Teil B: Konzeption, S. 118 ff. .
Vorschlag zur Ergänzung des Landesnaturschutzgesetzes
Das Landesnaturschutzgesetz wird ergänzt durch § 51 a (neu):
(Formulierungsvorschlag entsprechend § 33 des saarländischen Naturschutzgesetzes)
§ 51a (neu) Rechtsbehelfe von Verbänden
(1) Ein nach § 29 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes anerkannter Verband kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten darlegen zu müssen, Rechtsbehelfe gegen einen Verwaltungsakt, seine Ablehnung oder Unterlassung nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen, wenn er geltend macht, daß der Verwaltungsakt, seine Ablehnung oder Unterlassung den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, dieses Gesetzes, den aufgrund dieser Gesetze erlassenen oder fortgeltenden Rechtsvorschriften oder anderen Rechtsvorschriften widerspricht, die auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind.
(2) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind nur zulässig, wenn der Verband
- zur Mitwirkung nach § 29 Abs.1 Satz 1 Nr.3 und 4 des Bundesnaturschutzgesetzes berechtigt war,
- durch den Verwaltungsakt, seine Ablehnung oder Unterlassung in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird,
- sich im Falle des Erlasses eines Verwaltungsaktes in der Sache geäußert hat oder ihm keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, und
- Erlaß, Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes nicht aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erfolgt ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn zu Unrecht anstelle der in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 des Bundesnaturschutzgesetzes genannten Verwaltungsakte andere Verwaltungsakte gesetzt worden sind, für die das Gesetz eine Mitwirkung der anerkannten Verbände nicht vorsieht.
Gleichzeitig sollten die "überwiegenden Gründe
des Gemeinwohles" in § 11 Abs 3 und § 24a Abs.
4 Nr. 1 des Naturschutzgesetzes für Baden-Württemberg
geändert werden in "zwingende existentielle Notwendigkeiten
des Gemeinwohles".
© Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V.,
Olgastraße 19, 70182 Stuttgart
P.S.: Die LNV-Geschäftsstelle
ist für Verbesserungsvorschläge und weiterführende
Hinweise jederzeit dankbar! |
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