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INFO 1/2001
Stuttgart, den 09.01.2001
Gentechnikfreie Zonen
Aktionsvorschläge
Hintergrund
Die "grüne Gentechnik" zielt u. a. auf Widerstandsfähigkeit von Kulturpflanzen gegenüber Herbiziden oder Schadorganismen oder auf die Veränderung der Zusammensetzung bestimmter Inhaltsstoffe (z. B. Fettsäuren beim Raps). Insgesamt steht die Leistungssteigerung der Landwirtschaft im Mittelpunkt (siehe dazu auch die Anlage). Der Einsatz "grüner Gentechnik" bedeutet eine weitere Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft. Abgesehen davon, dass wir deren negative Folgen im Augenblick durch die BSE-Krise sehr deutlich vor Augen haben, bedeutet dies auch weiteren Druck auf die bäuerliche Landwirtschaft, da im wesentlichen nur Großbetriebe davon profitieren.
Zum fragwürdigen Nutzen der "grüne Gentechnik" kommen die in ihren Auswirkungen noch gar nicht abschätzbaren Gefahren für die biologische Vielfalt und die menschliche Gesundheit. So ist es inzwischen unbestritten, dass sich manipulierte Gene durch Auskreuzung verbreiten können - und einmal freigesetzte Organismen sind nicht mehr rückholbar. Für Menschen bestehen die bisher bekannten Gefahren in der Entstehung von Allergien, der möglichen Ausbreitung der Antibiotikaresistenz von Krankheitserregern oder der Bildung unerwünschter Inhaltsstoffe in Lebensmitteln.
Der LNV und andere Natur- und Umweltschutzverbände lehnen die "grüne Gentech-nik" ab. Die Diskussion gewinnt neue Brisanz durch die aktuelle "BSE-Krise" der deutschen Landwirtschaft. Als kurzfristiger Ersatz für Tiermehl als Eiweißlieferant im Tierfutter wird auch Gen-Soja (!) gehandelt.
Daher sollten die LNV-Arbeitskreise und -Mitgliedsverbände, aber auch andere Gruppen jetzt Aktionen starten, die "Gentechnikfreie Zonen" schaffen. (Auf alle Fälle sollten parallel dazu die Themen gentechnikfreie Futtermittel und artgerechte Tierhaltung in der Landwirtschaft mit einbezogen werden. )
- Auf regionaler Ebene bieten sich z. B. die Naturparke als Kulisse und eine strategische Kooperation mit Landwirten als Weg an. Hier geht es darum, Landwirtschaft und Naturschutz zusammen zu bringen und gleichzeitig dem Verbraucher ein Angebot zu machen, das ihm sonst nicht mehr garantiert werden kann, nämlich gentechnikfreie landwirtschaftliche Produkte. Für die Landwirte könnte dies eine Marktnische bedeuten, die ihnen ihre Existenz sichert. Auch touristisch ließe sich eine solche gentechnikfreie Zone vermarkten.
Für den Natur- und Umweltschutz bedeutet es zum einen ganz konkret die Verhinderung der Ausbreitung genmanipulierten Saatgutes, sofern das betreffende Gebiet ausreichend groß ist und über eine gewisse Abgeschlossenheit verfügt. Zum anderen wird damit eine Form der eher extensiven, am ökologischen Landbau orientierten Landwirtschaft gefördert, was wiederum für den Erhalt der Kulturlandschaft und der Artenvielfalt von größter Bedeutung ist.
- Auf der Ebene von Kommunen und Landkreisen können Aktionen in Lokale Agenda 21-Prozesse integriert werden. Es geht hier im Wesentlichen um die Bewusstseinsbildung von Gemeinderäten/Kreisräten, Landwirten und Verbraucher/innen für die Gefahren durch grüne Gentechnik bzw. dem möglichen Gewinn von Lebensqualität durch gentechnikfreie landwirtschaftliche Produkte. Entsprechende Beschlüsse hätten in erster Linie symbolischen, beispielhaften Charakter. Realer Schutz vor der Verbreitung von gentech-nisch verändertem Saatgut und Pflanzen ist wegen der begrenzten Flächen von Kommunen oder Kreisen kaum möglich. Allerdings kann ein solcher Beschluss Vorbildcharakter für Besitzer/Pächter privater landwirtschaftlicher Flächen haben.
Aktionsformen
- auf regionaler Ebene:
Aufnahme des gentechnikfreien Landbaus in die Leitlinien eines Naturparks. Falls das nicht gelingt, dann wenigstens ein Naturpark-Projekt starten mit dem Ziel, möglichst viele Landwirte zusammen zu schließen. Regionalvermarktungsringe können dazu genutzt werden. Zusammenschluss auch mit der Gastronomie und Einzelhandel, entsprechend der Vermarktung der Produkte aus ökologischem Landbau. Die Aktionen müssten sich nicht zwingend auf ökologisch wirtschaftende Betriebe beschränken. Die begleitende Öffentlichkeitsarbeit sollte durch die Naturparkgeschäftsstelle koordiniert werden und möglichst Fördermittel des Naturparks zur Verfügung gestellt werden.
- auf kommunaler und Landkreisebene:
In Anlehnung an die Aktion des BUND "Keine Gentechnik auf kommunalen Flächen!" sollten Anträge von Gemeinderäten/Kreistagen verabschiedet werden, die eine Selbstverpflichtung bezüglich der Verpachtung eigener Flächen beinhaltet.
Ergänzend können mit örtlichen Landwirten, Bioläden oder Gastronomen Verträge geschlossen werden, in denen sich diese zum Verzicht auf gentechnisch veränderte Pflanzen verpflichten. Entsprechende Werbekampagnen könnten durch die Lokale Agenda 21 unterstützt werden.
Weitere Informationen und Textvorlagen für Aktionen auf kommunaler Ebene finden Sie im Internet auf der Seite des BUND www.bund.net oder können Sie beim BUND-Referat Gentechnik, bund@bund.net oder in der LNV-Geschäftsstelle in Stuttgart anfordern.
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