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INFO 1/2006

Anhörungsrechte der anerkannten Naturschutzvereine
in Baden-Württemberg

Nach Inkrafttreten des neuen Naturschutzgesetzes für Baden-Württemberg am 1.1.2006 ist einem anerkannten Naturschutzverein Gelegenheit zur Äußerung und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben...
  1. bei Planfeststellungsverfahren
    Beispiele: Straßenbau, Gewässerausbau usw.
    • · § 67 Abs. 4 Nr. 6 bis 9 NatSchG (Planfeststellungen gemäß § 74 Abs. 6 LVwVfG, nach § 45e WG, § 64 WG und nach § 41 FlurbG; Rahmenregelung siehe § 60 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG
    • · § 58 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 3 BNatSchG (Planfeststellungen des Bundes, der Bund muss die anerkannten Landesverbände im betreffenden Bundesland anhören)

  2. bei Plangenehmigungsverfahren, die eine Planfeststellung ersetzen
    soweit eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 17 Abs 1b des BfernStrG vorgesehen ist.
    • · § 67 Abs. 4 Nr. 6 + 9 NatSchG (nach § 74 Abs. 6 LVerwVerfG und nach § 41 FlurBG; zum Rahmenrecht siehe § 60 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG)
    • · § 58 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 3 BNatSchG (Plangenehmigungen des Bundes, die Planfeststellungen ersetzen, der Bund muss die anerkannten Landesverbände im betreffen-den Bundesland anhören)

  3. bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden
    Dies gilt ebenso für die Änderung oder Aufhebung der Verordnungen!
    Beispiele: NSG-, Biosphärengebiets-, LSG-, Naturdenkmal-, Naturpark-Verordnungen, Kormoran-, Rabenvogel-Verordung, einschließlich der Änderung und der Aufhebung dieser Verordnungen. ·
    • § 67 (4) Nr. 1 NatSchG (zum Rahmengesetz siehe § 60 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG)

  4. vor Befreiung von Verboten und Geboten zum Schutz von Naturschutzgebieten, Nationalparken, Biosphärengebieten und Natura 2000-Gebieten ·
    • § 67 Abs. 4 Nr. 5 NatSchG (zum Rahmengesetz siehe § 60 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG)

  5. bei der Vorbereitung von Programmen und Plänen
    ·
    • Landschaftsrahmenprogramm (§67 Abs.4 Nr.2 NatSchG; §60 Abs.2 Nr.2 BNatSchG)
    • · Landschaftsrahmenpläne (§ 67 Abs.4 Nr.2 NatSchG; § 60 Abs.2 Nr.2 BNatSchG)
    • · Landschaftspläne (§67 Abs.4 Nr.2 NatSchG; §60 Abs.2 Nr.2 BNatSchG)
    • · Landesentwicklungsplan (§ 67 Abs.4 Nr.3 NatSchG; § 60 Abs.2 Nr.3 BNatSchG)
    • · Regionalpläne (§ 67 Abs 4 Nr.3 NatSchG; ; § 60 Abs.2 Nr.3 BNatSchG)
    • · sonstige Pläne (§ 67 Abs.4 Nr.3 NatSchG; § 60 Abs.2 Nr.3 BNatSchG)
    • · Programme staatlicher und sonstiger öffentlicher Stellen zur Wiederansiedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter wild lebender Arten in der freien Natur (§ 67 Abs.4 Nr.4 NatSchG; § 67 Abs.4 Nr.4 NatSchG; ;)

Devolutivrecht des LNV


bei Befreiungen von Verordnungen der Biosphärengebiete, Naturschutzgebiete, Natura-2000-Gebiete, flächenhaften Naturdenkmale, Landschaftsschutzgebiete
Der LNV hat also das Recht, die nächst höhere Behörde zur Entscheidung anrufen zu dürfen, wenn die zuständige Naturschutzbehörde von der LNV-Stellungnahme abweichen will.
Kein Anhörungsrecht hat der LNV - und haben auch die anderen Naturschutzvereine nicht - bei Erlaubnissen in solchen Gebieten.Darüber aber werden die wirklich schwerwiegenden Eingriffe wie Bauvorhaben usw. insbesondere in LSG erlaubt. ·
  • § 66 Abs. 4 NatSchG in Verbindung mit § 79 Abs. 3 NatSchG


Klagerecht

haben die anerkannten Naturschutzvereine nur
·
  • bei Befreiung von Verboten und Geboten zum Schutz von Naturschutzgebie-ten, Nationalparken und Natura-2000-Gebieten
  • · bei Planfeststellungsbeschlüssen
  • · bei Plangenehmigungen, soweit eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgese-hen ist.
und auch dann nur, wenn sie zuvor im Anhörungsverfahren die notwendigen Argumente vorgebracht haben (§ 61 Abs. 1 und 2 BNatSchG gilt direkt, siehe § 11 desselben Gesetzes).



Grundsatz der guten Zusammenarbeit

Ferner gilt grundsätzlich: "Die Behörden und Einrichtungen des Naturschutzes sollen über die ge-setzlichen Beteiligungspflichten hinaus die Zusammenarbeit mit den Naturschutzvereinen pflegen." ·
  • § 66 Abs. 5 NatSchG


bei wasserrechtlichen und abfallrechtlichen Erlaubnis-, Bewilligungs- und Genehmigungsverfahren

Unterrichtung über den wesentlichen Inhalt des Antrags und Hinweis auf Ort und Zeitraum der Aus-legung ·
  • siehe sog. Weiser-Erlass vom 24.05.1984 (Az 72-3450 MELUF), bestätigt durch Minister Schäfer mit Schreiben vom 16.01.1996 (Az 31-8914.00/8 UM)



weitere Anhörungs- und Beteiligungsrechte

ergeben sich nach anderen Fachgesetzen, die hier nur unvollständig erwähnt werden sollen:
Wasserrecht (z.B. bei Ausweisung von Wasser- und Quellschutzgebieten), Flurbereinigung, Raum-ordnungsverfahren, Forstrecht (z.B. bei Ausweisung von Bann- und Schonwäldern, bei forstliche Fachplanungen (nicht aber bei Forsteinrichtungen), Abfallrecht, Eisenbahnbau, Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung.
Weitere Anhörungs- und Klagerechte werden sich künftig durch die Umsetzung von insgesamt drei EU-Richtlinien ergeben, die die Aarhus-Konvention in europäisches Recht umsetzen.
Andererseits laufen derzeit auf Bundesebene Bestrebungen zur Beschleunigung von insbesondere Infrastrukturvorhaben, die massive Beschränkungen der Anhörungsrechte bedeuten, insbesondere auch was die zeitlichen Fristen und die Präklusion von Argumenten für mögliche Klagefälle anbelangt. Auch hierauf wollen wir in diesem LNV-Info nicht näher eingehen.


Rechtsgrundlagen

BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz vom 25.3.2002
NatSchG Naturschutzgesetz für Baden-Württemberg vom 13.12.05
LVwVfG Landesverwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg vom 21.06.1977 in der Neufassung vom 12.04.2005 (GBl 23.05.05, S. 350-376)
ROG Raumordnungsgesetz vom 18.08.1997, zuletzt geändert durch das EAG Bau vom 24.06.04 (BGBl I S. 1359
BFernStrG Bundesfernstraßengesetz vom 19.04.1994 in der Fassung der Be-kanntmachung vom 20.02.2003 (BGBl I S. 286 ff)
WG Wassergesetz für Baden-Württemberg vom 20.01.2005 (GBl vom 30.03.05, 219-273), zuletzt geändert am 11.10.05 (GBl vom 21.10.05, 668)
FlurbG Flurbereinigungsgesetz vom 16.03.1976 (BGBl I S. 546 ff), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.08.1994 (BGBl I S. 2187)


Stuttgart, den 05.01.2006
gez. Dr. Anke Trube

 


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